DisTanz #2 mit Lebanon Hanover, Samstag 13.10.

On: 12/10/2012

„Für ein Stück mehr Vielfalt“ – unter diesem Motto wurde Anfang des Jahres eine neue Veranstaltungsreihe in Leipzig ins Leben gerufen, die mit der Kombination aus Party und Live-Acts vor allem Freunde der Sparten New Wave, Cold Wave, Sub80s, Minimal, aber auch Post Punk und Independent zu begeistern weiß.
Morgen Abend ist es nun endlich wieder soweit: die zweite „DisTanz“ lädt zum düster-fröhlichen Tanzvergnügen in die Villa. Diesmal mit dabei: das (mittlerweile wieder) in Großbritannien beheimatete Duo Lebanon Hanover, das mit seinem Auftreten und dem analogen Sound, der stark an die frühe elektronische Musik der 80er erinnert, wie kaum eine andere Band zu dieser Veranstaltung abseits jeden Schubladendenkens passt.

Vor dem morgigen Auftritt bat die schwarzePRESSE zum Interview mit Larissa Iceglass und William Maybelline.



sP: Ihr kommt weder aus dem Libanon, noch aus Hannover. Wie seid ihr auf diesen (zugegebenermaßen sehr wohlklingenden) Bandnamen gekommen?

Larissa: Den Bandnamen haben wir nach einem Ort in Amerika benannt, der uns sehr utopisch vorkam. Beide Orte haben keine Verbindung miteinander – doch wenn sie eine Verbindung hätten, stellen wir uns einen schönen Ort vor. Einfach eine neue Welt aufzubauen mit denselben Namen ist eine schöne Idee, denn wir sind sehr orientierungslos in dieser Welt und wissen nicht, wo wir hingehören.

sP: Wie sähe denn eure Traumversion aus, könntet ihr die Welt noch einmal neu erschaffen?

William: Wir würden die Menschen sensibler und feinfühliger erschaffen. Wir würden sicherstellen, dass alle Menschen mit einer größeren Sensibilität füreinander geboren werden und dass diese ihnen das ganze Leben erhalten bleibt.

Larissa: Die Medien werden immer vulgärer und beängstigender, deswegen würde ich das Weltkapital aus den Händen dieser manipulierenden Männer nehmen und eine gerechtere, freiere Welt schaffen. Ich hätte auch noch gerne, dass alle Menschen romantische Gedichte lesen und ihre iPhones in den Müll werfen – und stattdessen mehr aufeinander achten.

sP: Habt ihr musikalische Vorbilder, Einflüsse, Helden...?

Larissa: Malaria, Kraftwerk, NEU!, Suicide, Teenage Jesus & The Jerks, Grauzone, The Smiths, No Wave, New Wave – aber auch 50s, 60s und klassische Musik.

William: X-Mal Deutschland, DAF,... Wir fühlen uns aber auch beeinflusst durch Bücher wie über die Geschichte des „No Wave“ oder z.B. Oscar Wilde.

sP: Die reduzierte Klarheit eurer Songs erinnert stark an Musik aus den frühen 80ern. Das überrascht umso mehr, bedenkt man, dass ihr Jahrgang 1986 und 1988 seid.

William: Wir fühlen uns so, dass wir möglichst genauso klingen wollen wie in den frühen Achtzigern. So, wie die Musik, die wir mögen. Also geben wir unser Möglichstes, tatsächlich so zu klingen – weil es sich für uns ehrlich anfühlt.

Larissa: Wir sind beide allergisch auf die digitale überproduzierte Musik, die uns überall bedroht und finden es ziemlich schade, dass niemand mal auf „rewind“ drückt und jeden Tag immer nervigere und komplexere Songs zu hören sind. Für uns ist schon längst klar, dass es da eine neue Bewegung braucht. Eine nostalgische Bewegung. Es ist ja dann doch nicht genau wie in den 80ern, da wir inhaltlich natürlich Probleme des 21. Jahrhunderts aufgreifen. Klangmäßig wollen wir jedoch bewusst einen Schritt zurück gehen.

sP: Mit welchem Wort (nur einem!) würdet ihr eure Musik beschreiben?

Beide: Ehrlich!

sP: Beim Hören eures aktuellen Albums „The World Is Getting Colder“ fällt eines sofort auf: Ihr teilt euch die Gesangsanteile, mal übernimmt Larissa den Gesang, dann wieder William. Aber auch sprachlich scheint ihr euch nicht festlegen zu wollen und singt mal auf Deutsch und dann wieder auf Englisch, manchmal sogar beides innerhalb eines Songs. Von William habe ich gelesen, dass er besonders die „Härte“ der deutschen Sprache schätzt. Wie muss man sich denn die Arbeit an einem Song bei euch vorstellen? Wann und wie entscheidet ihr euch für eine der beiden Stimmen beziehungsweise Sprachen?

William: Es passiert auf natürliche Weise. Meist entstehen zuerst die Texte. Wir sitzen nicht da und denken: „Lass uns jetzt einen englischen oder einen deutschen Song machen!“. Es kommt eher darauf an, wie wir uns gerade fühlen. Wenn wir auf Englisch singen, haben wir das Gefühl, damit mehr Leute erreichen zu können, die die Texte verstehen. Im Deutschen mögen wir wiederum den Klang der Worte und es fühlt sich insbesondere für Larissa sehr natürlich an, die deutsche Sprache zu gebrauchen.

sP: Auf Facebook beschreibt ihr euer Genre als „New Misanthropic“. Das klingt nach viel Frust und Enttäuschung. Sind die Menschen um euch herum wirklich so schlimm?

Larissa: Ja, wir sind schon sehr enttäuscht. Jetzt würde ich unser Genre allerdings eher in „New Sensitives“ umtaufen, da es heute nicht mehr viel Verständnis für feinfühlige, romantische, lichtempfindliche Herzen gibt, die sich nach Freundlichkeit sehnen.

William: Im Nordosten von England fühlen wir uns nicht wohl, weil die Leute auf der Straße uns nicht mögen. Sie mögen nicht, wie wir aussehen und wie wir uns kleiden und verstehen uns nicht. Es ist oft eine schmerzhafte Erfahrung, von niemandem wirklich akzeptiert zu werden. Daher fühlen wir uns misanthrophisch.

sP: Auf der limited edition des Albums findet sich der Bonus Track „Loch Ness“. Darin nimmt Nessie, genervt von all dem Trubel und Müll, Rache an den Touristen und frisst sie eines Nachts kurzerhand einfach auf. Ist das eure Form der Kritik am Massentourismus oder wie ist dieser Song zu verstehen?

Larissa: Bis jetzt habe ich noch von niemandem einen Kommentar zu diesem Song gehört – was schade ist, da es wahrscheinlich nicht so viele Songs gibt, die den Tourismus und seine Schattenseiten thematisieren. Touristen machen Müll, Touristen sind laut, machen viele Fotos – für die Tiere und Monster ist das durchaus sehr belastend und kann auch schnell eskalieren.

sP: Eines eurer Hauptthemen ist neben der Gesellschaftskritik die Frage, was denn eigentlich Kunst, vor allem abseits des Mainstream, ist. Was macht denn für euch Kunst aus? Und welche Rolle spielt dabei das Publikum?

William: Kunst sind für uns Werke mit Bedeutung: Etwas, das mir etwas zu sagen hat, was ich zuvor nicht wusste. Die Rolle des Publikums ist, ein Kunstwerk zu akzeptieren – oder halt nicht. Es zu hinterfragen und zu versuchen einen Sinn zu erkennen. Sich zu fragen, ob es etwas zu sagen hat oder nicht.

Larissa: Wir haben beide Kunst studiert und unser Studium abgebrochen, da wir nicht stark genug waren, uns im Kunstmarkt zu etablieren. Viel zu oft kam es mir vor, als ginge es mehr um die Vermarktung und nicht um die Qualität des Werkes. Zum Publikum hat man oft nur eine sehr oberflächliche, oft sogar heuchlerische Beziehung. Bei Musik ist das ganz anders und viel gefühlsverbundener. Ich glaube, für den Kunstmarkt haben wir zu viele Gefühle. Immerhin bauen wir aber unsere künstlerische Ader mit in unsere selbstgemachten Musikvideos, den Merchandise und den Look unseres Bandprojektes ein. Das verleiht unserem Image Authentizität und ist uns sehr wichtig.

VERANSTALTUNGSDETAILS

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Lessingstraße 7, Leipzig

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Eintritt: 7€ / 5€
Einlass: 21:30
Beginn: 22:00
Location: 51.342008,12.366885 (google-maps-koordinate)

Timetable:
22.15 Uhr Moduretik
23.00 Uhr Lebanon Hanover

Interview: Anja Hassel

 

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