Interview: THE FRIGHT

On: 06/11/2012

Nach über 15 Jahren verabschiedeten sich BLITZKID Ende Oktober von den Brettern, die die Horrorwelt bedeuten und bestritten eine letzte Farewell-Tour durch Europa. Natürlich nicht, ohne ein letztes Mal den Saal des Conne Island zum Kochen zu bringen. Mit dabei: ihre Genrekollegen von THE OTHER, BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE und THE FRIGHT. Die schwarzePresse hat die Gelegenheit genutzt, Letztere direkt nach dem Gig ein wenig auszuhorchen. Die Hermsdorfer Gruselrocker Lon (Gesang), Kain (Bass), Seares (Schlagzeug) und Danny (Leadgitarre) standen bereitwillig und gut gelaunt Rede und Antwort – nicht ganz jugendfrei und nicht ohne eine gehörige Portion Selbstironie. Parental Guidance advised – explicit content! Aber lest selbst.


sP: Euer Bandname (dt. Der Schrecken) ist ja schon recht furchteinflößend und auch inhaltlich bedient ihr euch allerlei Gruselgestalten und finsteren Schauplätzen. Wovor habt ihr eigentlich Angst?

Kain: Spinnen! Spinnen!

Lon: Ich habe auch Angst vor Spinnen. Und vor Kains Furzen! (lacht)

Seares: Ja, ich denke, Kupfers Furze sind absolut angsteinflößend.

Danny: Auf jeden Fall! Und zu große Brustwarzen bei Frauen.

sP: Ihr steht neben Horrorpunk-Größen wie THE OTHER, THE CRIMSON GHOSTS oder BLITZKID auf der Bühne, bezeichnet euren Stil selbst aber als „Horrock ‚n‘ Roll“. War euch die Schublade zu klein?

Lon: Die Schublade war definitiv zu klein, weil es beim Horrorpunk nichts weiter als 3 Akkorde gibt und man ein bisschen theatralisch sein muss. Wir hatten einfach Bock…

Seares: …auf 4 Akkorde! (Gelächter)

Kain: Genau! Wir wollten einfach mal das Rad neu erfinden und haben einen vierten Akkord dazu gemacht.

Danny: …und noch 3 Töne hinzugefügt. Das ist THE FRIGHT. (Gelächter)

sP: Ihr bestreitet dieses Jahr zusammen mit BLITZKID, THE OTHER und den BLODDSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE die „Hell Nights“-Tour quer durch Deutschland. Mit dem Konzert heute in Leipzig habt ihr die Hälfte hinter euch. Wie lief‘s bisher?

Seares: Es war bis jetzt eigentlich super geil, bis auf die Tatsache, dass wir immer eine halbe Stunde zu zeitig angefangen haben.

Danny: Und das, obwohl auf den Eintrittskarten eine andere Zeit drauf steht. Es steht um 9 drauf und wir müssen schon um halb 9 anfangen. Das ist Quatsch.

Kain: Aber alles in allem können wir echt zufrieden sein!

sP: Gibt’s ein paar lustige/interessante Anekdoten aus dem Touralltag zu berichten?

Kain: Nein, die werden nicht erzählt.

Seares: Der Herr Lon…(Pause)…der hat nichts getan! (lacht)

Lon: Also ich kann nur zwei Wörter sagen: „Bohnen“ und „Arsch“.

Danny: Eigentlich sind es drei Wörter. „Schiffe“ fehlt noch.

Seares: Im Salat… und im Mund.

sP: Warum habt ihr euch bei eurem aktuellen Album gegen einen „richtigen“ Titel entschieden?

Danny: Gegenfrage: Was ist denn ein „richtiger“ Titel?

sP: Etwas anderes als der eigene Bandname.

Kain: Weil‘s bei DANZIG auch funktioniert hat! (lacht)

Seares: Ich denke, mit dem neuen Album haben wir einfach unseren neuen Stil herausgekitzelt und…

Lon: Nein, wir wollten Danzig imitieren!

Seares: Entschuldigung. Entschuldigung. Ich bin ruhig. (lacht)

sP: Oder ist das nur Ausdruck eines gesteigerten Selbstbewusstseins, jetzt, wo ihr beim Kultlabel Fiendforce Records, dem selbsterklärten „Home of Horrorpunk“ unter Vertrag steht?

Lon: Ja, das auf jeden Fall. Wir haben unseren Stil ja total verändert - also nicht komplett, aber es war auf jeden Fall in gewisser Weise eine Entwicklung.

Seares: Eigentlich liegt es daran, dass wir einfach nur kleine Schwänze haben.

Lon: Nein! Eigentlich hatten wir nur das Gefühl, wir haben uns selbst neu erfunden und deswegen machen wir mal einen Cut und starten mit dem Album wie mit einem Debüt-Album.

sP: Das Album unterscheidet sich ja doch ziemlich von den Vorgängern. Heißt „neu erfunden“ also soviel wie: „Alles vorher war Mist“?

Lon: Nein, das auf keinen Fall! Aber dadurch, dass Danny in die Band gekommen ist und wir einfach Bock auf rockige Sachen hatten, die ich vorher nicht so spielen konnte, weil ich eingespannt war mit Gesang und Gitarre, konnten wir uns jetzt mit diesem Album total ausleben.

sP: Würdet ihr sagen, ihr seid musikalisch mit der Suche nach eurem eigenen Stil am Ende angelangt?

Lon: Ich glaube, man ist nie irgendwie angekommen. Also wenn man sagt, „Das ist jetzt das, was wir immer machen wollen!“, dann heißt das zugleich Stagnation. Ich weiß nicht, wo es uns in Zukunft hinführt, keine Ahnung.

Danny: Die Sache ist: Man sollte das machen, wenn man einen riesengroßen Schritt geht. Und das haben wir jetzt getan. Aber ich glaube, dass wir uns so langsam bei einem bestimmten Stil einpegeln. Ich möchte ihn nicht beim Namen nennen, aber es pegelt sich langsam ein.

sP: Am Ende eurer im April veröffentlichten, aktuellen Platte gibt’s zum ersten Mal auch eine Ballade zu hören – ein Produkt aufkeimender Frühlingsgefühle?

Danny: „Marmomese“! (Anmerkung sP: Diese äußerst kreative Wortneuschöpfung geht auf Lons Versuch, „Mayonnaise“ auszusprechen zurück und wurde zum in jeder Situation passenden Schlagwort der Tour.)

Lon: Das war in erster Linie „Marmomese“ und in zweiter Linie fällt es uns eigentlich total leicht Balladen zu schreiben…

Danny: …weil wir einfach mal übelste Muschis sind! (lacht)

Kain: ...weil wir die ganze Welt wegcremen wollen.

Lon: Also ich glaube ja, wir könnten das komplette Album mit Balladen füllen.

sP: Wieso sind denn Balladen einfacher?

Danny: Weil die einfach aus dem Herzen kommen und wir, wie schon gesagt, Muschis sind. Also fließt das auch viel schneller.

Lon: Ja, das muss man ganz ehrlich sagen.

Danny: Und es cremt!

sP: Also seid ihr tief im Inneren eigentlich doch hoffnungslose Romantiker?

Danny: Ja – auch wenn wir auf der Bühne immer ganz furchtbar hart und so tun.

sP: Ist die Ballade nicht vielleicht sogar ein Ausblick in die Zukunft? Auf eurem zweiten Album „Born to be dead“ habt ihr im Intro ja auch die Melodie vom letzten Song eures ersten Silberlings aufgegriffen. Für das vierte Album hieße das ja, die Zeichen stehen auf Schmusekurs.

Kain: Das hieße vor allem, das tatsächlich jemand unser Album gekauft und gehört hat! (lacht)

Danny: Das ist so unwahrscheinlich, dass wir diesen Stil fortführen, dass wir das jetzt gar nicht vertiefen brauchen.

sP: Wieso denn unwahrscheinlich?

Danny: ... weil ich glaube, erst dieses Interview heute hat uns auf die Idee gebracht, das eventuell so zu machen.

Lon: Mittlerweile haben wir einfach so viel Hass auf’s Musikbusiness, dass die nächste Platte einfach nur...

Danny: ... aus Prinzip Ska...

Lon: ...tieftraurig und hart werden wird.

Danny: ... oder Ska! (lacht)

sP: Habt ihr einen persönlichen Lieblingssong auf dem neuen Album? Einen, an dem euer Herz ganz besonders hängt?

Kain: „Black Rose“ und „Cemetery of Hearts“.

Seares: Eindeutig “Midnight Revolution”!

Danny: Ich muss ehrlich zugeben, dass –obwohl ich anfangs dagegen war, weil mir der Song zu metalmäßig war – „Avenger of Crow“ mein persönlicher Favourit ist.

sP: Warum?

Danny: Das ist schwer zu sagen... Aber für alle Geeks, die „The Crow“ kennen: dieser Song trägt genau diesen Spirit, also dieses „So ein paar Affen haben meine Freundin gekillt und jetzt will ich mich verdammt nochmal rächen, weil das einfach nicht okay und scheiße ist!“. Dieser Song geht mir immer richtig durchs Mark, wenn ich ihn spiel‘. Ist natürlich auch Lon geschuldet, denn er hat ihn größtenteils geschrieben.

Lon: Mein Lieblingssong ist „Beloved Night“. Ich habe die Riffs schon 2005 geschrieben und sie irgendwann wiederentdeckt. Aber auch was die Lyrics angeht, ist das mein Lieblingssong.

sP: Im Booklet eures neuen Albums seid ihr auf der letzten Seite als Comicfiguren abgebildet. Wer hatte die Idee dazu?

Lon: Die Idee ist von mir. Ich kenne und schätze Andy vom „Pain for Art“-Tattoostudio in Lichtenfels schon sehr lange und war immer begeistert von seiner Arbeit. Also hab ich ihn gefragt, ob er nicht mal etwas für uns malen will und das hat er dann auch gemacht. Ich mag Comics ja eh. Der Schritt war also gar nicht so weit.

sP: Wenn jeder von euch eine berühmter Comic-Superheld sein könnte, welcher wäre das?

Lon: Von mir wird jetzt jeder sicher sagen, ich wäre gern Batman. Das stimmt aber gar nicht! Viel lieber wäre ich Deadpool. Der ist total unterschätzt – obwohl er zwei Schwerter und zwei Knarren hat und total verrückt und wirr im Kopf ist. Das passt irgendwie zu mir... auch wenn ich keine zwei Schwerter und keine zwei Knarren hab! (lacht)

Seares: Ganz klar: „Bitchin‘ Bocky“. Der unentdeckte Held, der ungefähr 2100 kommen wird.

sP: Und von den „klassischen“ Comichelden, die es schon gibt?

Seares: Oh, furchtbar schwere Frage. Das ist wirklich knifflig. Habt ihr eine Idee?

Lon: Ich glaube, du wärst so etwas wie... The Green Lantern! (lacht)

Danny: Ich muss ehrlich sagen, ich habe mich nie großartig mit Comics befasst. Aber wenn ich so an die Filme, die ich gesehen habe, zurückdenke, dann entscheide ich mich für Iron Man. Der wäre ein gutes Beispiel: fürchterlich selbstverliebt (ich mag mich auch wirklich sehr!) und keine Kohle.

Kain: Über was reden wir hier eigentlich gerade?

sP: Welcher Comicheld wärst du gern – von denen, die es schon gibt?

Lon: Bei ihm ist es einfach: Hulk! Der fürchterliche Hulk.

Kain: Also ich würde sagen, Spiderman... (schallendes Gelächter) Na klar! Er hat ja auch von allen Marvel-Helden das beste Motto: „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“.

Danny: Du bist so raus! 50 Euro in die Phrasenkasse!

Kain: Nein, im Ernst. Hulk ist immer nur sauer, das passt nicht.

Auftritt Sarge von Rock (THE OTHER), der ganz gentleman-like ab diesem Zeitpunkt die Beantwortung der Fragen übernimmt und uns dennoch (oder vielleicht gerade deswegen!) erstaunlich tiefe Einblicke in die Zukunft von THE FRIGHT gewährt.

Sarge: Also ich wäre ganz klar Hellboy. Der qualmt genauso viel wie ich. (lacht)

sP: Zu dem Song „666 – Full Speed Ahead“ habt ihr euch erstmals auch an die Produktion eines Musikvideos herangewagt. Wieso ausgerechnet zu diesem Song und warum erst jetzt?

Sarge: Das ist einfach! (Gelächter) Wir waren anfangs echt mies... Dann haben wir uns überlegt, es muss ein Stilwechsel rein. Die Gesänge waren schief, das Schlagzeug passte vorne und hinten nicht und dann musste ein Neustart her. Wir brauchten also einen neuen Schlagzeuger.

sP: Deswegen also das Video, damit alle den neuen Schlagzeuger sehen können?

Sarge: Ja, genau. Warum macht man denn sonst ein Video?!

sP: Schlagzeuger sind ja bekanntermaßen Frauenmagneten.

Sarge: Auch deswegen! In dieser Band geht es ja eigentlich auch immer nur um Alkohol und Frauen.

sP: Sind weitere in Planung?

Sarge: Ja, klar! (Gelächter) Wir wollen zwei Videos machen. Es geht einmal um die Single-Auskopplung vom letzten Album...

sP: Steht der Song schon fest?

Sarge: Ähm...

Kain: Wir können auf jeden Fall jetzt schon sagen, es wird wie bei DANZIGs „It’s coming down“ in der unzensierten Version. Wir werden also Nägel durch Genitalien jagen.

sP: Was sind eure Pläne für die Zukunft? Wird’s ein neues Album geben?

Sarge: Na klar! Es wird auf jeden Fall ein neues Album geben. Ich gehe aber davon aus, dass die nächste Platte wieder mit einem zweiten Gitarristen eingespielt werden wird – wir haben nämlich festgestellt, dass der Sound, wie ihr ihn kennt, vor allem bei den Solos, ein wenig dünn ist. (lacht)

Lon: Ich würde gern noch einmal für Danzig als Opener spielen. Das ist mein Traum. Aber ganz ehrlich? Ich hab einfach Bock auf die ganze Sache – und darauf, das mein ganzes Leben lang zu machen. All night long, all day long!

 

Interview: Ralf Erbert und Anja Hassel

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